Gestaltungselement: Die Farbe
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Farbe begegnet uns in drei Funktionen:
1. Die Farbe als Information
2. Die Farbe als Emotion
3. Die Farbe als Mittel der Bildkomposition
Lerne zuerst, Farben bewusst wahrzunehmen und deren Wirkungen zu verinnerlichen. Du glaubst gar nicht, wie vielfältig Farbe sein kann.
Wahrnehmen
Übungen
1. Nehme deine Kamera, suche und fotografiere einzelne Farben. Konzentriere dich auf eine Farbe und nimm nur diese ins Bild.
2. Suche und fotografiere Farbabstufungen
3. Suche und fotografiere klare Farben
4. Suche und fotografiere gedämpfte Farben
5. Achte auf Farbreflexe, die durch Licht entstehen
6. Suche und fotografiere satte Farben
7. Suche und fotografiere Farbverläufe von Hell zu Dunkel
8. Suche und fotografiere Farbverläufe von Farbton 1 zu Farbton 2
Betrachte alle gemachten Aufnahmen sorgfältig und ausgiebig. Wie wirken die Farben auf Dich?
Übung
Vergleiche zwei Fotoabzüge eines Motivs miteinander, einen Abzug in Farbe und einen Abzug in Schwarz-Weiß.
Welche Informationen gehen in dem Schwarz-Weiß-Abzug verloren? Kann man auf die Farbe verzichten? Wird das Bild dadurch langweilig? Kann das Schwarz-Weiß-Bild in seiner Wirkung bestehen?
Im Fall der drei Gläser geht die Information verloren, dass es sich um Weiß-, Rot- und Roséwein handelt.
Ein Bild ohne Farbe braucht in der Regel Strukturen.
Das ist auch der Vorteil von Schwarz-Weiß-Fotografien. Sie betonen und leben von Bildstrukturen
In diesem Fall jedoch ist die Farbe als Gestaltungsmittel hilfreich, um die Aufnahme zu beleben.
Übung
Stelle aus farbigen Karton kleine Farbkarten her, sodass möglichst viele Farbtöne des Farbkreises repräsentiert sind.
Experimentiere, indem du verschiedene Emotionen mittels der Farbkarten darstellst. Zum Beispiel könnte mit Rot und Gelb „Wärme/Geborgenheit“ symbolisiert werden.
Das Gewicht von Rot und Gelb kannst du gut mit dem Überlappen der beiden Karten verändern.
Setze die Übung fort und fotografiere Rottöne oder durchsuche deine Fotosammlung nach roter Farbe.
Vergleiche die Rottöne mit deinem Beispiel für „Wärme und Geborgenheit“.
Wiederhole die Übung mit anderen Stimmungen/Gefühlen, zum Beispiel: Kälte, Trauer, Freude, Frühling, Sommer, Winter oder Tristesse
Übung
Analysiere die Farben deiner Lieblingsfotos. Welche Farben enthalten sie? Gibt es Schwerpunktfarben? Wie sind die Farben verteilt? Gibt es einen Farbtrend?
Warum gefällt dir gerade diese oder jene Farbkombination? Wo liegen die Farben auf dem Farbkreis?
Ein gutes Hilfsmittel, um sich mit den Farben in deinen Fotografien zu beschäftigen ist Color-Wheel von Adobe. Wenn du dort oben rechts auf den Fotoapparat klickst, kannst du eines deiner Fotos hochladen und die Farben analysieren.
Unter Farbregel findest du verschiedene Farbzusammenstellungen (Ähnlich, Monochromatisch, Triade, Komplementär, Zusammengesetzt, Schattierungen). Probiere diese Einstellungen ausgiebig aus.
Für eine intensivere Beschäftigung mit Farben empfehle ich zwei Bücher:
„Wie Farben wirken: Farbpsychologie. Farbsymbolik. Kreative Farbgestaltung“ * von Eva Heller.
„Das Geheimnis der Farben: Eine Kulturgeschichte“ * von Victoria Finlay.
Übung
Nehme ein Graustufenbild und färbe es mit einer Farbe ein. Die beliebteste Farbe ist hier sicherlich Sepia, weil sie sehr an alte Fotografien erinnert. Experimentiere aber auch mit anderen Farbtönen und beobachte, ob der Farbton zum Bildinhalt passt.
3. Die Farbe als Mittel der Bildkomposition
Übung
Fotografiere zwei Farben in einem Bild und verschiebe beim Fotografieren den Bildausschnitt, sodass die zwei Farben verschiedenes Gewicht bekommen. Studiere in den Aufnahmen die Wirkung der Farben.
Ab wann bekommt eine Farbe mehr Gewicht? Liegt es am Farbton oder an der Größe der Fläche?
Übung
Versuche Fotografien zu erstellen, auf denen Farbe den Blickpunkt/Bildschwerpunkt setzt.
Wenn du mit der Bildbearbeitung am Computer vertraut bist, versuche den Bildschwerpunkt durch eine Kombination aus Schwarz-Weiß-Bildanteil und Farbanteil zu setzen.
Übung
Kombiniere zwei Farben in einem Foto.
Nehme einen Farbkreis zur Hand und lokalisiere die zwei Farben auf dem Kreis. Stehen sie eher nebeneinander oder gegenüber?
Farbkreis nach Isaac Newton
Beziehungen von Farben in einem Bild können gegensätzlich oder harmonisch sein. Farbkontraste schaffen Dynamik oder Harmonie. Johannes Itten, ehemaliger Lehrer am Bauhaus Dessau, hat eine Systematik von sieben Farbkontrasten aufgestellt.
Übung
Versuche Beispiele für diese Farbkontraste zu finden und zu fotografieren.
- Farbe-an-sich-Kontrast
entsteht zwangsläufig, sobald mindestens zwei Farben in reiner, ungebrochener Form zusammenkommen.
- Hell-Dunkel-Kontrast
ist jener Kontrast, der durch die unterschiedliche Farbhelligkeit zweier Farben entsteht.
- Kalt-Warm-Kontrast
nimmt die Wirkung aus dem Empfinden, dass Farben warm oder kalt wirken.
- Qualitätskontrast,
auch als Intensitätskontrast bezeichnet.
- Quantitätskontrast
entsteht durch die Gegenüberstellung verschieden großer Farbflächen.
- Komplementärkontrast
ist der Kontrast, der zwischen zwei im Farbkreis gegenüberliegenden Farben entsteht.
- Simultankontrast
beschreibt das gleichzeitige (simultane) Wechselwirken von im Farbkreis nebeneinanderliegenden Farbflächen.
Zusammenfassung
Wiederhole die Übungen, bis sie dir in Fleisch und Blut übergegangen und in deinem Unterbewusstsein gespeichert sind. Es geht ganz allgemein um die Verinnerlichung äußerer Handlungen und Handlungserfahrungen. Kein Fotograf will mit einem Regelwerk fotografieren gehen, denn starre Regeln, die nicht aus dir selbst kommen, verbauen dir den Weg zu deinem ganz persönlichen Stil im Umgang mit Farbe.
Zum Schluss noch der Hinweis auf weitere kleine Übungen: